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Positionspapier gegen Wettbewerbsverzerrungen

Als internationales Bündnis von Erzeugerorganisationen im Rahmen des EMB setzt sich die Internationale Bündelungskommission der Milcherzeuger (IBM) für eine Verbesserung der Marktbedingungen für EU-Milchproduzenten ein. In einem Kooperationsvertrag haben die teilnehmenden Organisationen MEG Milch Board aus Deutschland, die drei Erzeugergemeinschaften France MilkBoard aus Frankreich und die belgische MIG/WAFAB vereinbart, sich zu Fragen der Milchbündelung regelmäßig auszutauschen und zu unterstützen sowie gemeinsame Aktionen zu organisieren und Positionspapiere zu erarbeiten.

Das vorliegende Positionspapier gegen Wettbewerbsverzerrungen im Milchsektor richtet sich an die Politik und verarbeitende Milchindustrie.

Die Internationale Bündelungskommission der Milcherzeuger ruft die Politik und Molkereien dazu auf, die Weichen für einen fairen Milchsektor zu stellen. Wettbewerbsverzerrungen und unfaire Praktiken kennzeichnen momentan den Sektor und schaden vor allen Dingen den Akteuren der ersten Stufe – den Milcherzeugern. Um diese Probleme zu adressieren, müssen folgende Maßnahmen umgesetzt werden:

  1. Die Kosten der Produktion müssen Grundlage für die Preisbildung in Verträgen zwischen Molkerei und Erzeuger werden. In der aktuellen politisch-ökonomischen Situation spiegeln die Erzeugerpreise nicht die Kosten der Produktion (inklusive Arbeitsentlohnung) wider. Selbst in ihrer Rolle als Lieferanten haben die Erzeuger keine Möglichkeit, den Verkaufspreis festzulegen. In Verträgen müssen daher zumindest kostendeckende Preise unter Berücksichtigung der realen Erzeugungskosten garantiert werden.

  2. Es muss ein Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb für die Erzeugerstufe installiert werden. Wie auch auf Handelsebene, wo es verboten ist, Produkte unter Einstandspreis zu verkaufen, muss beim Erwerb von Rohmilch bzw. Rohstoffen aus der Landwirtschaft ein Verbot des Verkaufs unter Produktionskosten gelten. Hintergrund ist, dass die Milchproduktion teilweise gezwungenermaßen mit unlauteren Mitteln aufrechterhalten wird. Zum einen können insbesondere Familienbetriebe die eingesetzte Arbeitsleistung nicht geltend machen. In Lohnbetrieben hingegen gehört die Arbeitsleistung zu den pagatorischen Kosten, sie wird also ausgewiesen und bezahlt. Es werden des Weiteren in zahlreichen Betrieben Einkünfte aus anderen Bereichen wie beispielsweise der Biogaserzeugung zur Aufrechterhaltung der Milchproduktion genutzt. Damit entsteht eine weitere Wettbewerbsverzerrung, da so beispielsweise Betriebe, die nur Milch produzieren bzw. ihre Milchproduktion nicht quersubventionieren (können), unterboten werden. Beim Verbot des Verkaufs unter den realen Produktionskosten würde dieses Marktungleichgewicht verschwinden.

  3. Politische Maßnahmen müssen veranlasst werden, um die Bündelung von Milcherzeugern im Markt voran zu treiben. Hintergrund ist, dass die im EU-Milchpaket geschaffenen Möglichkeiten zur Bündelung (d. h. bezüglich der Verhandlung von Milchlieferverträgen über Erzeugerorganisationen für eine große Zahl von Erzeugern zum Zweck der Stärkung der Marktposition der Produzenten) bis dato real wenig genutzt werden können. Der Beitrag zur Stärkung der Erzeuger am Markt ist hier sehr gering. Es müssen daher von der Politik Anreize und Möglichkeiten geschaffen werden, um eine effektive Bündelung voran zu treiben.

Alle wirtschaftlichen und rechtlichen Mittel müssen für den Erhalt eines dynamischen Milchsektors in Europa bereitgestellt werden. Dies ist besonders wichtig im Hinblick auf die Beschäftigung, den Erhalt einer flächendeckenden Landwirtschaft und eine gerechtere Aufteilung der Wertschöpfung.

> Hier finden Sie das Positionspapier als PDF-Download

> Kosten der Milcherzeugung Deutschland

> Milch Marker Index


 

Evaluierungspapier der Bündelungskommission

 

Evaluierung des Berichts der EU-Kommission zur Lage auf dem Milchmarkt und zur Funktionsweise der Vorschriften des „Milchpakets“

Die Internationale Bündelungskommission der Milcherzeuger fordert, die EU-Politik soll wichtige Aspekte des Milchsektors nicht ausblenden.

In Frankreich stellt sich nach dem Regierungswechsel auch im Agrarbereich die Frage, welcher Weg in Zukunft eingeschlagen wird. Die französischen Mitglieder der Internationalen Milchbündelungskommission (IBM) – die Milcherzeugerorganisationen France Milk Board Grand Ouest, Bas Normand und Sud Ouest – hatten dazu heute eine Unterredung mit dem Minister, um diese Frage zu besprechen. Insbesondere ging es bei diesem Gespräch um die Verträge in der Landwirtschaft. Die FMB haben dem Agrarminister gegenüber betont, dass der französische Milchsektor eine unabhängige Kontrollstelle einrichten muss, die es den Erzeugern ermöglicht, für Wettbewerb unter den Molkereien zu sorgen.

Des Weiteren haben sie darauf beharrt, dass es nur einen einfachen und einheitlichen Status für alle Milcherzeuger geben darf, mit den gleichen Rechten und Pflichten im Rahmen der Vertragslandwirtschaft und Erzeugerorganisationen. Die Genossenschaften könnten nicht als Erzeugerorganisation betrachtet werden, da der Mehrwert, der mit den Verarbeitungsanlagen erwirtschaftet wird, den Erzeugern in den Genossenschaften entgeht.

Die Erzeugerorganisationen FMB haben außerdem eine Verschärfung des Gesetzes SAPIN 2 zur Transparenz im Sektor und zur Aufnahme eines Indizes in die Preisformel gefordert, der es ermöglicht, alle Produktionskosten zu decken.

Abschließend haben sie an die dringende Notwendigkeit erinnert, Europa mit einem dauerhaften Mengenregulierungsinstrument auszustatten, das künftige Krisen abwenden, die bäuerliche Landwirtschaft erhalten und einen positiven Beitrag zum Haushaltsgleichgewicht der GAP leisten kann (MVP des EMB).

Für die IBM ist es notwendig, dass auch auf europäischer Ebene von den verantwortlichen politischen Institutionen alles daran gesetzt wird, die großen Probleme im Milchsektor merklich zu reduzieren.

Die Internationale Bündelungskommission der Milcherzeuger  hat sich als Dachinstitution verschiedener nationaler Erzeugerorganisationen eingehend mit dem EU-Kommissionsbericht zur Funktionsweise des Milchpakets* beschäftigt. „Angesichts der turbulenten negativen Entwicklungen im Milchsektor in den vergangenen Jahren ist eine umfassende Einschätzung der Wirkung des Milchpakets natürlich sehr wichtig“, so Emmanuel Binois vom France MilkBoard, einem Mitglied der IBM. Diese Einschätzung sei de facto von der EU-Kommission auch erstellt worden, leider mangele es hier aber an einer vollständigen Erfassung der Milchmarktsituation. „Zwar verweist die Kommission ganz richtig darauf, dass die vom Milchpaket geförderten Erzeugerorganisationen nicht ausreichend zu einer Stabilisierung des Milchmarktes beitragen können. Jedoch wird in dem Bericht zum Beispiel die Rolle der Genossenschaften, die ja einen großen Einfluss auf das Marktgeschehen haben, ausgeblendet“, so Binois. Ebenso würden bezüglich der Wirkungsweise von Erzeugerorganisationen keine aussagekräftigen Marktdaten herangezogen.

Ihre Anmerkungen hat die IBM in einem Evaluationspapier festgehalten, das sie der EU-Kommission sowie der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt.

„Gehen wir einmal davon aus, dass Politik und Erzeuger ein Interesse daran haben, die Schieflage am Markt, die zu Ungunsten der Erzeuger besteht, zu korrigieren“, merkt Alain Minet von der belgischen Erzeugerorganisation WAFAB an. „Dann müssen in Zukunft aber auch die realen Umstände des Milchsektors umfassend analysiert werden. So wie es in Deutschland beispielsweise über das dortige Kartellamt geschieht.“ Sonst könnten politische Instrumente kaum greifen. Axel Walterschen von der deutschen MEG Milch Board fügt hinzu: „Eine reduzierte Sichtweise können wir uns angesichts der großen Schwierigkeiten im Milchsektor absolut nicht leisten.“

> Evaluierung des Berichts

> Bericht der EU-Kommission


 

In Belgien bündeln sich Erzeuger im WAllonia FArmers Board (WAFAB)

Bei einer Pressekonferenz bei der Landwirtschaftsmesse in Libramont wurde von belgischen Agrarproduzenten die Gründung des WAllonia FArmers Board (WAFAB) bekannt gegeben. Die Marktstellung der wallonischen Erzeuger, die wie in ganz Europa auch in der Wallonie chronisch schwach ist, soll mit diesem Schritt verbessert werden. "Die Erzeuger sind heute nicht in der Lage, ihre Interessen angemessen zu vertreten. Da die Milchproduzenten zu isoliert sind und über keinen Zusammenhalt verfügen, haben sie kein wirkliches Gegengewicht am Markt", erklärt der Präsident der neu gegründeten Organisation, Guy Francq. Er fügt hinzu: "Es ist daher wirklich unverzichtbar, dass sich die wallonischen Erzeuger in einer einzigen Struktur bündeln, um ihre Interessen zu verteidigen."

Die Aufgaben der WAFAB

Die Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht hat es sich zur Aufgabe gemacht, die landwirtschaftliche Produktion in der Wallonie nachhaltig zu sichern. Sie soll als Monitoringinstanz des Agrarmarktes fungieren und dabei die Entwicklung von Mengen sowie Erzeugerpreisenbeobachten. Die WAFAB soll auch die Interessen der Produzenten gegenüber den Käufern ihrer Produkte vertreten.

Die Organisation möchte darüber hinaus die Produktionskosten optimieren, indem sie als Einkäufergemeinschaft für landwirtschaftliche Betriebsmittel fungiert. Des weiteren sollen Studien, unter anderem zu innovativen Produktionsmethoden und zur Marktentwicklung in Auftrag gegeben werden.

EMB begrüßt Gründung der WAFAB

Das European Milk Board (EMB) sieht in der Gründung der WAFAB eine wichtige Voraussetzung, um die Agrarerzeuger zu stärken. Der Vorsitzende des EMB Romuald Schaber gratuliert den Kollegen in Belgien zu diesem Schritt: "Die wallonischen Produzenten bündeln sich, um gemeinsam mehr Gewicht auf dem Markt zu erhalten. Das ist aus zwei Gründen sehr positiv. Zum einen zeigen sie damit eine wichtige Eigeninitiative und gestalten aktiv ihre Marktmöglichkeiten. Zum anderen hätten sie als Gruppe tatsächlich einfach bessere Möglichkeiten gegenüber anderen Marktakteuren al szuvor." Es liege nun an den Erzeugern, diese Möglichkeit auch zu nutzen und der WAFAB beizutreten. „Denn je mehr Bauern und Bäuerinnen mitmachen, desto stärker kann die WAFAB für sie eintreten", so Schaber weiter.

Auch in anderen Ländern, wie beispielsweise Frankreich und Deutschland, existieren mit dem France Milk Board und der MEG Milch Board bereits Bündelungsorganisationen, die einen Beitrag zur Stärkung der Produzenten am Markt leisten. Schaber zeigt sich überdies erfreut darüber, dass Belgien eine Studie zur Berechnung der Vollkosten in die Wege geleitet hat. Neben Deutschland, Frankreich und den Niederlanden wird demnächst auch Belgien seine Milch-Erzeugungskosten eindeutig beziffern können.

Kontakte:
Vorsitzender EMB - Romuald Schaber (DE): +49 (0) 160 352 4703
Vorsitzender WAFAB - Guy Francq (FR): +32 (0) 4973 44622

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Monitoringstelle

Im Milchpaket wurde die Bildung einer Monitoringstelle aufgenommen. Sie steht da aber nur als Wort, ohne dass die notwendig dazu gehörenden Marktinstrumente genannt und oder erklärt sind.

Das EMB setzt sich schon seit längerer Zeit für die Einrichtung einer Monitoringstelle ein. In Gesprächen mit der EU-Kommission und dem für die Landwirtschaft verantwortlichen Kommissar Dacian Ciolos war zu erkennen, dass man gegenüber der Bildung einer Marktbeobachtungsstelle oder einer Monitoringstelle nicht völlig abgeneigt ist. Auf entsprechende Anregung hat das EMB daraufhin eine wissenschaftliche Expertise erstellen lassen. Im Hauptteil werden in dieser die Werkzeuge und Mechanismen einer einzurichtenden Monitoringstelle vorgestellt und erläutert. Wie notwendig die Einrichtung einer solchen Institution ist, wird anhand der realen Situation auf dem Milchmarkt skizziert. Marktdaten zeigen hier die problematische Entwicklung, die insbesondere die europäischen Milcherzeuger in existenzielle Bedrängnis bringt. Dazu flossen in die Expertise beispielsweise Informationen zur Verschuldungssituation der Milchhöfe aus der Einkommensstudie der MEG Milch Board mit ein.

Das Fazit der Expertise: Milchkrisen, besser Auszahlungskrisen, müssen nach Wegfall der Quotenregelung unbedingt vermieden werden. Die Monitoringstelle ist dabei ein wirksames Mittel, das Fehlentwicklungen entgegen steuern kann.

Hier finden Sie die Expertise als pdf-Download

Die Bündelungskommission unterstützt das Vorhaben und wird sich aktiv in die Diskussion einbinden. Dem gemeinsamen Anliegen wird besonderes Gewicht beigemessen. Die Fachpresse wird im Rahmen regelmäßig stattfindender Konferenzen informiert werden. Pressemitteilungen über die Aktivitäten des Aktionsbündnisses werden Teil einer breit angelegten Öffentlichkeitsarbeit sein.

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Studie zur wirtschaftlichen Lage von Milcherzeugungsbetrieben in Deutschland

Aus den Erkenntnissen der Produktionskostenstudien, aus dem MMI und aus der hiermit verbundenen „Preis-Kosten-Ratio“ war zu schließen, dass Erzeuger nicht kostendeckend produzieren können. Warum aber wird nach wie vor gemolken? Eine weitere Untersuchung hat hierzu wenig überraschende Ergebnisse gezeigt. Die Analyse der wirtschaftlichen Situation von Milchviehbetrieben lässt sich in folgenden Kernaussagen zusammenfassen:

  • In den letzten 20 Jahren hat sich das reale Betriebseinkommen von Milcherzeugern trotz erreichter Strukturverbesserungen nicht erhöht. Das gilt für alle in der Studie betrachteten Betriebsgrößen.
  • Besonders in den Jahren der Milchkrise 2008 und 2009 wurden Abschreibungen in vielen Betrieben unmittelbar verbraucht. Rücklagen und Vermögen mussten zur Deckung der Lebenshaltungskosten und wirtschaftlichen Stabilisierung der Betriebe angegriffen werden.
  • In mittleren und größeren Milchviehbetrieben ist der Grad der Verschuldung gewachsen, und gerade bei den Wachstumsbetrieben baut sich die Verschuldung trotz weiterer Ausdehnung der Milchmenge nicht mehr ab. Von der landwirtschaftlichen Markttätigkeit allein könnten viele dieser Betriebe nicht existieren. Sie sind letztlich auf die Direktzahlungen der EU angewiesen.
  • Die Milchkrise und die Verschuldung hatten besonders bei mittelgroßen und großen Betrieben einen Abbau des Eigenkapitals zur Folge.
  • An den Folgen leiden viele Betriebe noch heute. Noch vier Jahre nach der Milchkrise sind die Milchauszahlungspreise nicht kostendeckend.
  • Es besteht dringender Bedarf an Maßnahmen, um die wirtschaftliche Situation der Milchviehbetriebe zu stabilisieren.

Derartige Kernaussagen betreffen die Erzeuger nicht nur in Deutschland. Sie müssen europaweit festgestellt werden. Die Überlebensfähigkeit der Betriebe wird nur durch Beihilfen, Direktzahlungen oder sonstige Subventionen erhalten. Dieses System kann und muss von  kostendeckenden Auszahlungspreisen abgelöst werden. Diesem Ziel wendet sich das Aktionsbündnis verstärkt zu.

Hier finden Sie die Studie als pdf-Download

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Milch Marker Index (MMI) und Preis-Kosten-Ratio

Auf Grund des Gutachtens zu den Produktionskosten hat die MEG Milch Board (Mitgliedsverband für Deutschland) den so genannten Milch Marker Index (MMI) entwickeln lassen. Er zeigt in Bezug auf ein bestimmtes Ausgangsjahr die bis heute stetig gestiegenen Produktionskosten.

Erkennbar ist, dass die Jahre hindurch eine stetige, mehr oder weniger lineare Steigerung der Produktionskosten hingenommen werden musste. Dem gegenüber stehen die nahezu unberechenbaren und volatilen Milchauszahlungspreise. Sie orientieren sich nicht an den Produktionskosten. Deshalb ist in einem weiteren Schritt die Darstellung der ständigen Unterdeckung vorangetrieben worden. Das nachfolgende Bild zeigt, dass die Erzeuger in den vergangenen Jahren trotz tendenziell gestiegener Auszahlungspreise enorme Verluste durch die Unterdeckung hinnehmen mussten.

Hier finden Sie den aktuellen MMI und die Preis-Kosten-Ratio

Die permanente Steigerung der Produktionskosten und die Unterdeckung sind europaweit festzustellen. Das Kostengutachten für Frankreich beweist dies ebenso, und man kann auch für die belgischen Kalkulationen erwarten, dass die Kosten über den Auszahlungspreisen liegen werden.

Das Aktionsbündnis wird diese Erkenntnisse für die praktische Arbeit nutzen. Eine grenzüberschreitende und vermarktende Erzeugerorganisation, deren Bildung sich die Bündelungskommission zu Aufgabe gemacht hat, kann aus dem MMI gewichtige Argumente für Verhandlungen über die Rohmilch herleiten. Die Erzeuger werden im Wettbewerb einen bedeutenden Schritt vorankommen.

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Studie zu Produktionskosten in der Milcherzeugung

Seit der Gründung des Aktionsbündnisses haben die Mitgliedsverbände unter Beteiligung des EMB Untersuchungen in Auftrag gegeben, die in Form von Gutachten zwischenzeitlich vorliegen. Die Expertise für Deutschland hat dabei gezeigt, dass die Produktionskosten weit über den von den Molkereien bestimmten Auszahlungspreisen liegen. Das Gutachten für Frankreich ist durchgerechnet und zeigt im Prinzip die gleichen Ergebnisse. Diese werden in Kürze der Presse vorgestellt werden. Belgien hat die Absicht, auch für seinen Bereich eine Expertise erstellen zu lassen. Andere Länder werden folgen und haben ihr Interesse gezeigt, dem Aktionsbündnis beizutreten.

Die Untersuchungen haben folgende Grundlagen:

  1. Die errechneten Zahlen sind repräsentativ. Verwendet wurden ausschließlich Zahlen des INLB (InformationsNetz landwirtschaftlicher Buchführungen). Diese Zahlen werden von den Mitgliedsstaaten an die europäische Kommission in Brüssel übermittelt und dort zentral gesammelt. Der Politik dienen sie als Entscheidungshilfe.
  2. Die Gutachten zu den Produktionskosten unterscheiden aus der Sicht der Praxis verschiedene Regionen und Betriebsgrößen. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Betriebe unterschiedlichen Produktionsbedingungen unterliegen.
  3. Da die INLB-Zahlen nicht absolut aktuell sind (die neueste Berechnung beruht auf den veröffentlichten Zahlen von 2010), musste ein Hochrechnungsverfahren für die Folgejahre herangezogen werden. Darin eingeflossen sind die jeweils aktuellen Preisindices der Statistischen Bundesämter und die INLB Daten.
  4. Wichtig ist der eigenständige Einkommensansatz. Dieser ist an den Tarifen im landwirtschaftlichen Sektor orientiert und in die Produktionskosten einberechnet worden und spiegelt ein vernünftiges und angemessenes Entgelt für Betriebsleiter, deren Familienangehörige und Angestellte wider.

Wirkung der Untersuchungen:
Die Politik und die Fachpresse haben die Gutachten höchst interessiert und aufmerksam aufgenommen. Kritik verblasste angesichts der wohlwollenden Beurteilung vieler Fachleute. Die EU-Kommission hat sich die Gutachten von den wissenschaftlichen Autoren vorstellen und erklären lassen. Vereinbart ist ein weiterer Austausch gewonnener Erkenntnisse über die Produktionskostenberechnung.

Das Aktionsbündnis wird sich die Gutachten zu eigen machen und in den jeweiligen Ländern zur Grundlage aller Redebeiträge, Veröffentlichungen in den Medien und Diskussionen machen. Sie werden und müssen den Gedanken der Erzeugerbündelung und deren Notwendigkeit voranbringen. Nicht zuletzt fördern die Expertisen die Forderung nach der Teilnahme der Erzeuger am Wettbewerb. Nur dieser wird zu vernünftigen Betriebsergebnissen auf den Höfen führen.

Hier finden Sie die Studie als pdf-Download

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Das Milchpaket der Europäischen Union

Unter der Federführung der EU-Kommission für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung ist das so genannte Milchpaket entwickelt worden. Das Europäische Parlament hat über seine Berichterstatter Änderungsvorschläge eingebracht. Im Trilog zwischen Kommission, Parlament und Ministerrat ist letztlich die Verordnung 261/2012, das Milchpaket, verabschiedet worden. Es stellt unmittelbares Recht in den einzelnen Mitgliedstaaten dar. Teile daraus sind am 02. April 2012 in Kraft getreten, andere Teile treten allerdings erst am 03.10.2012 in Kraft. Das Milchpaket ist eine Ergänzung zur EU-Verordnung 1234/2007, die VO über die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte.

Das Milchpaket bringt für die Milcherzeuger der EU einige Änderungen, die sich unterschiedlich in den Mitgliedsstaaten auswirken. Einige Bestimmungen wirken sich vorteilhaft für die Milchbauern aus, andere Bestimmungen müssen nach unserer Ansicht der herrschenden Wettbewerbslage im Milchsektor angeglichen werden.

Zunächst ist festzustellen, dass das Recht auf Anerkennung von Erzeugerorganisationen (EZO) einheitlich für die EU geregelt wurde. Ein solches Recht gab es bisher nur für den deutschen Bereich und hat dort seine Rechtsgrundlage im Marktstrukturgesetz (MarktStrG). Das Milchpaket ermöglicht aber nicht nur die Gründung „nationaler“, sondern auch die Gründung länderübergreifender EZO. Die Mitglieder der Internationalen Bündelungskommission Milch sehen das als großen Vorteil an, weil deren Landwirte sich nicht nur national, sondern auch international bündeln können. In Anbetracht der rasend vor sich gehenden Fusionen von Großmolkereien, ob sie sich im privaten Bereich oder im Genossenschaftsbereich vollziehen, ist das ein nicht unbedeutender Schritt in Richtung Besserstellung der Landwirte im Wettbewerb. Bedeutsam ist auch, dass die Erzeuger im Bereich genehmigter EZO weitestgehend vom Kartellverbot ausgenommen sind.

Das Milchpaket regelt auch die Anerkennung der Zusammenschlüsse von EZO. Die Internationale Bündelungskommission der Milcherzeuger sieht darin eine weitere Möglichkeit, die Wettbewerbsstellung der Erzeuger zu stärken. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Zusammenschlüsse oder Dachverbände von EZO unter Beachtung der vom Milchpaket aufgestellten Grenzen der Bündelung (3,5 % EU-weit und 33 % national) Verträge mit der abnehmenden Hand aushandeln. Je größer die zu verhandelnde Milchmenge ist, desto größer ist auch die Verhandlungsmacht der Erzeuger. Der Molkereikonzentration in Europa kann auf Grund der Bestimmungen des Milchpakets die Konzentration der Urproduktion entgegengesetzt werden. Eine Forderung nicht nur des europäischen Rechnungshofes, sondern auch der von der EU Kommission eingesetzten High Level Group. Beide, auch der Sektorbericht des deutschen Bundeskartellamtes, sehen in der Bündelungsmöglichkeit ein ausgleichendes Instrument im Marktgeschehen des Milchsektors.

In einem Punkt muss das Milchpaket für die Erzeuger als kontraproduktiv angesehen werden. Gemäß Artikel 126 c Absatz 2 lit. d und e hat der europäische Gesetzgeber bestimmt, dass Doppelmitgliedschaften zum Einen dann verboten sind, wenn der Landwirt zwei EZO angehört, die beide für ihre Mitglieder Verträge aushandeln. Zum anderen ist dem Landwirt nicht erlaubt, Mitglied in einer EZO zu sein, wenn er als Genosse auf Grund der Genossenschaftssatzung verpflichtet ist, die von ihm erzeugte Rohmilch der Genossenschaft anzudienen.

Im so genannten Privatbereich muss es möglich sein, die erzeugte Milch auf verschiedenen Wegen zu vermarkten. Der Landwirt darf nicht verpflichtet werden, seine gesamte Milch an einen Abnehmer zu liefern. Die Lieferung an zwei oder mehrere Abnehmer muss ebenso möglich sein wie die Vertragsverhandlung über zwei oder mehrere EZO. Nur dadurch wird die Wettbewerbsstellung der Erzeuger gestärkt.

Letztlich ist bekannt, dass die Genossenschaftsstellung der Landwirte einen wirklichen Wettbewerb nicht zulässt. In diesem Bereich wird die Milch „abgeliefert“, ohne dass man zuvor über den Preis verhandelt hat. Die EU-Kommission sieht das zwar anders, ist aber offensichtlich von den Bauernverbänden und den Genossenschaftsverbänden unzutreffend informiert worden. Gerade in Frankreich und Belgien, aber auch weitestgehend in Deutschland sind die Genossenschaften so eng mit der Molkereiindustrie verbunden, dass ein interessengerechter Milchpreis für die Erzeuger undenkbar ist. Hier muss ein Weg gefunden werden, welcher auch dem Genossen die Möglichkeit eröffnet, seine Milch zu „verhandeln“. Da der Genosse heute die Kontrollmöglichkeit über „seine“ Genossenschaft nahezu verloren hat, kann die Stärkung seiner Wettbewerbsstellung nur über EZO gehen.